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Schrebergärten – gar nicht mal so spießig

Gartenidylle im Schrebergarten

Auf dieses Comeback hätte vor einigen Jahren niemand gewettet. Doch der Kleingarten liegt wieder im Trend. Wer jetzt den „Schrebergarten“ als vorgestrig und spießig belächelt, muss mit einer ähnlichen Reaktion rechnen. Ist es das selbst angebaute Obst und Gemüse, das Befürworter von Öko-Lebensmitteln dazu bringt, zum Laubenpieper zu werden? Oder ist es das eigene Stück Grün, das inmitten der Großstadt Ruhe und Entspannung verspricht?

Ihren neuen Schwung verdanken die Kleingartenkolonien zwischen Kiel und Konstanz vor allem einem: dem Generationenwechsel. Immer mehr junge Städter wollen nun die eigene Scholle bewirtschaften. Mittlerweile werden knapp die Hälfte aller Kleingärten an Familien mit Kindern neu verpachtet. Seit der Jahrtausendwende verschiebt sich so das Durchschnittsalter der Pächter mit großen Sprüngen. Waren noch in den Neunzigern die Rentner um die 65 fast unter sich, so ist der heutige Pächter durchschnittlich 45 Jahre alt und hat zwei Kinder.

Es ist eine Generation von Großstädtern, die den Schrebergarten für sich entdeckt hat. Arbeit, Berufsverkehr, Partnerschaft – alles ist heutzutage stressig. Da braucht man zumindest einen Platz, an dem man innehalten und die Seele baumeln lassen kann. Zum Ausspannen sähen die meisten eine kleine Rasenfläche an und machen es sich auf der Gartenliege gemütlich. So kann man in Ruhe die Natur genießen, den Kindern beim Spielen zusehen oder endlich entspannt ein Buch lesen.

In der Beschaulichkeit wächst aber auch ein handfester, pädagogischer Vorteil heran. Die Kinder werden wenigstens ein paar Stunden von Spielkonsole und Fernseher ferngehalten. Bei der Gartenarbeit lernen sie die Natur besser kennen, als es je bei einem Ausflug in den Stadtwald möglich wäre. Aber auch Erwachsene können sich deutlich freier entfalten. Und mit ein wenig Routine reifen auch Bio-Lebensmittel heran. So kann man endlich Obst und Gemüse in der Qualität ziehen, in der man es immer schon essen wollte.

Basics für jeden Schrebergarten

Laut gesetzlicher Verordnungen ist der Schrebergarten ein Kleingarten. Dieser darf nicht größer als 400 Quadratmeter sein. Auf einem Drittel ist Obst- und Gemüseanbau Pflicht, ein Drittel darf als Ziergarten genutzt werden und das letzte Drittel dient der Erholung. Die gesamte, überdachte Grundfläche muss unter 24 Quadratmetern bleiben. Vorgeschrieben ist auch die Rücksichtnahme auf Fragen von Umwelt- und Naturschutz sowie Landschaftspflege. Bei der Bewässerung und Düngung ist das beispielsweise ganz einfach: Eine Wassertonne fängt Regenwasser auf und schont die natürlichen Ressourcen. Düngemittel stellt man ebenfalls selbst im Komposter her.

Das wichtigste Bauwerk im Garten ist wahrscheinlich das Gartenhaus. Hier kann man am Wochenende übernachten, eine Sanitäranlage einbauen oder einfach Gartengeräte unterstellen. Kleine Fertighäuser aus Holz sind im Baumarkt erhältlich, ansonsten ist alles denkbar, was den Vereinsvorschriften entspricht. Nur als Wohnsitz dürfen die Bauten nicht genutzt werden, das wird durch das Bundeskleingartengesetz geregelt.

Gartenhaus im Kleingarten

Frisches Obst und Gemüse sind in jedem Schrebergarten zu finden. Und die Auswahl an köstlichen Sorten ist unendlich: Erdbeeren, Brombeeren und Himbeeren, Salate, Möhren, Gurken und Zucchini, Bohnen, Tomaten und Kartoffeln gedeihen in heimischen Beeten. Da die Wenigsten ihren Schrebergarten nur kurzfristig nutzen wollen, können auch Obstbäume aller Art gepflanzt werden: Äpfel und Birnen, Kirschen und Pflaumen sind noch appetitlicher, wenn man ihr Wachsen im Frühjahr und Sommer begleitet hat.

Wer viel Platz hat, kann auch ein Gewächshaus aufstellen. Damit lassen sich Jungpflanzen aus Saatgut heranziehen, Tomaten so großziehen, dass sie vor Braunfäule geschützt sind, oder auch temperatursensible Gemüsesorten wie beispielsweise Paprika anbauen. Mobile Gewächshäuser sollten im Herbst abgebaut werden, um das Material zu schonen. Steht aber ein festes Modell im Garten, können hier sogar die meisten Kübelpflanzen unter guten Konditionen überwintern.

Gepflasterte Wege verbinden nicht nur Gartenpforte und Gartenhaus, sondern können auch dazu dienen, alle Beete im Garten gut und trockenen Fußes zu erreichen. Ideal sind Breiten von etwa 30-40 cm. Da Pflasterungen wie Überdachungen auch eine bestimmte Fläche versiegeln, kann es sein, dass die verbauten Quadratmeter bald die vorgeschriebene Höchstgrenze erreichen. In diesem Fall schaffen Rindenmulch-Wege Abhilfe. Allerdings sollten sie alle ein bis zwei Jahre ersetzt werden. Darüber hinaus sind Wege sehr gut geeignet, um unterschiedliche Zonen im Garten auch optisch zu markieren, beispielsweise den Zier- und den Nutzteil.

Schreber und die Frage, wer sich um den Garten kümmern soll

Kinder ernten im SchrebergartenUnd wer soll den Garten pflegen? Der „Erfinder“ des Schrebergartens, der Leipziger Arzt und Reformpädagoge Daniel Gottlob Moritz Schreber (1808-1861) wollte diese Aufgaben Kindern übertragen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die Industrialisierung die deutschen Länder erfasste und immer mehr Menschen in Großstädten lebten, gab es für die Kleinsten der Gesellschaft so gut wie keine Entfaltungsmöglichkeiten. Auch Grünflächen, die als Spiel- und Turnplätze dienen konnten, waren rar gesät – wenn sie überhaupt betreten werden durften. Schreber wollte den Stadtkindern wieder mehr Bewegung verschaffen. Nähe zur Natur war dabei das Mittel zum Zweck.

Den ersten wirklichen Schrebergarten richtete 1865 Ernst Innozenz Hausschild (1808-1866) ein. Hausschild, der als Schuldirektor in Leipzig tätig war, gründete mit Eltern seiner Schule einen Verein und benannte ihn zu Ehren seines verstorbenen Schwiegervaters. Zunächst als Beschäftigungsmöglichkeit für die Kinder gedacht, fanden auch ihre Eltern bald Freude am Gärtnern – zumal sie sich so auch mit eigenem Obst und Gemüse versorgen konnten, was damals keine Selbstverständlichkeit war. Aus Kinderbeeten wurden erst Familienbeete, später parzellierte man die Fläche für einzelne Nutzer. 1869 zog man schließlich Zäune und gab sich eine Vereinssatzung.

Rund 150 Jahre später spielen im Schrebergarten also wieder diejenigen die Hauptrolle, für die er einst konzipiert wurde. Hier können Großstadtkinder im Grünen spielen, ein eigenes Beet mit Gemüse oder Blumen pflegen. Aber nicht nur das – schließlich gibt es auch für die Großen genug zu tun: Hecken schneiden, Rasen mähen, Unkraut jäten. Nach vollbrachter Arbeit lässt die ganze Familie aber auch den Tag im Schrebergarten herrlich ausklingen: Einfach den Holzkohlegrill anfeuern und für alle eine Portion Bratwürstchen grillen. Mit einem Salat aus dem eigenen Gemüsebeet schmeckt das Ganze noch einmal so gut. Und damit es keinen Streit mit den Nachbarn gibt, kann man sie gleich einladen. So ein Schrebergarten ist ja auch ein sozialer Ort, so überhaupt nicht spießig.

Weitere Informationen zu Kleingärten und den Landesverbänden gibt es beim Bundesverband Deutscher Gartenfreunde.

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