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Community Gardens – Urbanes Gärtnern mit Gemeinschaftssinn

New York City Community Garten

Alles Handarbeit, total analog. Die Erde vom Umgraben klebt noch an den Fingern, die Brombeerzweige pieken, und die Schere war auch schon schärfer. Den anderen geht es auch nicht besser. Aber sie hacken, graben und säen mit einer ungeahnten Leidenschaft. Links setzt Manuela aus München junge Tomaten-Pflanzen ein, rechts legt Paolo aus Verona Kartoffel-Knollen in die vorbereiteten Löcher, schnurgerade, immer mit ausreichend Abstand. Auf dem Gemüsebeet hockt der Rostocker Klaus, er pflanzt gerade Erbsen ein. Etwas weiter lädt Dawid, gebürtig aus Warschau, Kompost auf eine alte Schubkarre. Auf all den kleinen Beeten und Parzellen herrscht betriebsame Hektik. Der Frühling hat gerade angefangen, der Garten soll rechtzeitig bestellt sein.

Dies ist weder eine Kleingarten-Kolonie irgendwo an der Peripherie einer deutschen Stadt, noch sind Manuela, Paolo, Klaus oder Dawid Menschen, die ihrer Landlust in der tiefsten Provinz frönen. Sie alle sind moderne Großstädter. Vor dem Arbeitseinsatz wurde noch schnell der Status auf Facebook aktualisiert und die Pflanzanleitung auf das Tablet runtergeladen. Anstelle einer einsamen Datscha oder einer Kleingarten-Parzelle haben sie sich dafür entschieden, zusammen mit anderen Leuten aus der Nachbarschaft einen Garten zu betreiben. Neben Einzelbeeten für den Eigenbedarf gibt es auch Gemeinschaftsbeete, von denen alle etwas ernten dürfen. Die vier jungen Großstädter sowie die übrigen Mitstreiter teilen die Idee, dass es schöner ist, einen Garten gemeinsam, nachhaltig und ökologisch zu bewirtschaften, und über das gärtnerische Fachsimpeln auch persönlich Wurzeln in der Stadt zu schlagen.

Eine weltweite Idee nimmt in New York ihren Anfang

Ihren Anfang nahmen Community Gardens in den USA. In den 70er Jahren begannen New Yorker, Brachflächen in ihrer Nachbarschaft von Müll oder Schutt zu befreien. Auf den Arealen pflanzten sie Gemüse und kleine Obststauden, ließen Blumen wachsen. Wer etwas ernten wollte, musste zuvor beim Säen und der Pflege helfen. Diese Gärten waren nicht frei von Risiko. Denn sobald der Eigentümer beschloss, die Freifläche wieder zu bebauen, musste der Garten in der Regel verschwinden. Doch die Idee war attraktiv, weitere Gemeinschaftsgärten im ganzen Stadtgebiet folgten. Der bekannteste unter diesen, der Clinton Community Garden in Manhattan, wurde bereits 1984 zu öffentlichem Parkgelände erklärt. Auch in anderen US-Bundesstaaten begannen Einwohner, frühere Schutthalden, Hinterhöfe und stillgelegte Parkhäuser zu begrünen und als Garten zu nutzen.

Die Menschen, die heute die Gemeinschaftsgärten weltweit mit Leben füllen, sind so bunt gemischt wie die kultivierten Pflanzensorten. Manch einer schätzt die Möglichkeit, sich mit frischen, ökologisch aufgezogenen Lebensmitteln zu versorgen. Anderen geht es darum, nach einem Tag vor dem Büro-Computer selber etwas mit den Händen herzustellen. Wie stark der politische Aspekt eine Rolle spielt, hängt von den jeweiligen Organisatoren ab. Die einen sehen sich vor allem als ressourcenschonenden Beitrag für mehr Nachhaltigkeit, die anderen begreifen sich als Avantgarde innerhalb einer „Postwachstumsökonomie“ (Niko Paech) und wollen das gesellschaftliche Selbstversorgungspotenzial aufzeigen.

Doch wie man es auch dreht und wendet, mit den Gemeinschaftsgärten kommt mehr Grün in graue Städte und ein bisschen mehr ökologisches Bewusstsein in fast-food-geprägte Köpfe. Und mehr analoger Spaß in digitale Lebenswelten: wenn man die Früchte der eigenen Arbeit genießen kann, nachdem man sich wochenlang mit erdverschmierten Hände durch die Beete gewühlt hat.

So legen Sie einen Gemeinschaftsgarten an

Allem Anfang wohnt ein Zauber inne? Unbedingt. Im Community Garden steckt aber schon vor dem ersten Spatenstich handfeste Arbeit. Die folgenden sechs Schritte erleichtern den Weg zum blühenden Gemeinschaftsgarten. Die Anleitung wurde inspiriert von einer Checkliste der US-amerikanischen Initiative für ein gesünderes Leben Let’s Move.

    • Schritt 1: Die Nachbarschaft begeistern

Interessierte Leute aus der Nachbarschaft zusammenzubringen, zeigt nicht nur das Potenzial, sondern auch die Bedürfnislage für einen Gemeinschaftsgarten an. In einer Gesprächsrunde lassen sich die Anwohner für die Idee begeistern, aber auch praktische Fragen können geklärt werden: Welchen Zwecken soll der Community Garden dienen, was wollen die Leute mit ihm erreichen? Auf dieses Momentum kann man aufbauen und einen Plan zur Umsetzung erstellen. Festgelegt werden sollte auch das Konzept: Soll der Community Garden geschlossen sein, d.h. nur wer die Saison über mithilft, darf auch ernten? Oder will man ihn für alle Interessierten öffnen, auch wenn sie sich nur wenig engagieren?

    • Schritt 2: Unterstützung finden

Partner zu finden, ist hilfreich bei der Umsetzung. Aufgaben lassen sich verteilen, manch einer hat auch genügend Einfluss, um benötigtes Material, Geld, Freiwillige oder Technik zu besorgen. Das Internet ist voll mit Anleitungsvideos und Do-It-Yourself-Ratgebern, um schnell loszulegen, auch wenn man vom Gärtnern bislang noch nicht viel Ahnung hatte. Manchmal ist es aber effektiver, sich an einen Experten wenden zu können, der sich mit den Feinheiten des Gartenbaus auskennt. Angesichts leerer Kassen sind mittlerweile auch viele Kommunen daran interessiert, dass städtische Freiflächen von Gemeinschaftsgärten genutzt werden. Ansprechpartner sind hier die kommunale Verwaltung und die Abteilungen, die für Stadtentwicklung zuständig sind.

    • Schritt 3: Eine Fläche auswählenGemüsebeet eines Community Garten

Die Ziele von Community Gardens sind ganz unterschiedlich, demzufolge auch die benötigten Flächen. Wer vor allem Obst und Gemüse kultivieren möchte, braucht ein Areal mit mindestens sechs Stunden direktem Sonnenlicht und Zugang zu frischem Wasser. Wenn auf der Grünfläche vor allem Kinder sicher spielen sollen, braucht man zumindest ein wenig Abgeschiedenheit vom Verkehr. Hat man den idealen Platz gefunden, muss man den Eigentümer ausfindig machen. Ist er für die Idee eines Gemeinschaftsgartens offen, können Sie mit ihm aushandeln, wie die Nutzung vertraglich gestaltet werden kann.

    • Schritt 4: Die Bodenqualität überprüfen

Bevor Sie loslegen, sollten Sie unbedingt die Bodenqualität von einem Sachverständigen oder einem Spezial-Labor überprüfen lassen. Nur so können eventuelle Kontaminationen durch Schadstoffe bzw. Altlasten festgestellt werden. Auch lässt sich so feststellen, welche Nährstoffe in zu geringen Mengen vorhanden sind und welche Pflanzen sich auf dem Areal mit wenig oder viel Aufwand anbauen lassen.

    • Schritt 5: Den Garten planen

Je nach Größe, Lage und Ausrichtung unterscheiden sich Gemeinschaftsgärten erheblich. Bei der Gestaltung sollten Sie darauf achten, dass er genau für Ihre Zwecke geeignet ist. Entspricht er den verschiedenen Altersstufen der Mitglieder? Ist er gut für alle erreichbar? Ist der Garten gut gegen Tiere und Vandalismus geschützt? Gibt es eine Grundausstattung an Gartengeräten? Gemeinsame Aktivitäten abseits der Beete erfordern ebenfalls Raum und Ausrüstung. Campingmöbel sind dabei besonders praktisch: leicht, handlich und schnell verstaubar.

    • Schritt 6: Den Garten wachsen lassen

Wenn Obst und Gemüse im Garten gedeihen, ist es auch an der Zeit, den Community Garden in der Nachbarschaft bekannter zu machen. Größere Unterstützung gewinnen Sie durch Führungen und Aushänge, in denen Sie die übrigen Anwohner darüber informieren, wie auch sie vom Gemeinschaftsgarten profitieren können. Auf Kiezfesten können Obst und Gemüse bzw. selbstgemachte Produkte wie Marmelade und Chutneys angeboten werden. Zudem sollten Sie das Konzept regelmäßig überprüfen und Feedback von Mitwirkenden und Nachbarn berücksichtigen. Auch eine langfristige Orientierung im Voraus ist hilfreich, damit der Community Garden über Jahre hinweg aufblühen kann.

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